Neoliberale Ideologien


Kommunisten Kneipe auf Youtube mit Proletheus von den Prolos, Nürnberg

 

hört die ersten drei Minuten und spielt fränkisches Marxisten-Bingo mit mir:

0 vernünftige Weltanschauung

0 falsche Ideologien

0 Das Sein bestimmt das Bewusstsein

0 so einfach ist die Welt natürlich nicht

0 Marx und Engels erfinden den

0 dialektischen Materialismus

0 Produktionsverhältnisse sind die

0 Grundbedingungen des Menschen

0 ideologische Grundlage für den Klassenkampf

0 die herrschende Klasse hat sich daran gemacht, den Kommunismus von innen heraus zu zersetzen durch neoliberale Ideologien

00 Bonuspunkt “und was versteht ihr unter Neoliberalismus?”

 

Ideologiekritik hin und materialistische Weltanschauung her; “der Kommunismus” zersetzt sich schön von selbst. Das ist sein ganzer Stolz. Für meinen Anteil daran trage ich selbst die Verantwortung. Das ist schmerzhaft und peinlich. Den dahergelaufenen Heulsusen, denen schon der Name “herrschende Klasse” zu viel Anerkennung zollt, ist eine zersetzende Unterwanderung nicht zuzutrauen. Außer wenn der Kommunismus selber nichts mehr sein will.

Klar hatte Ideologiekritik (wenigstens im Westen) schon immer die Tendenz, einer Sache den Tatbestand Ideologie nachzuweisen, und damit ihr Geschäft für erledigt zu halten. Und es gab auch immer den Beigeschmack, eine quasi napoleonische Tradition fortzuführen: Ideologen seien weltfremde Spinner, die ihre Gedanken auf irgendwelchen Ideen aufbauen. Es war aber auch verlockend als Linker an der Uni drei Fliegen mit einer Klappe Text zu erschlagen: man bekam Creditpunkte in der Uni und in der Theoriegruppe, und man war quasi Teil einer Bewegung. Auch wenn jeder an etwas anderes dachte, wenn er Ideologie sagte.

Was ist Ideologie überhaupt, das kann man dann prima in Berlin, auf dem Hegelseminar oder mit Proletheus und seinen Genossen diskutieren. Letztere sind sich wenigstens einig sind: Sein gegen Bewusstsein, richtige Weltanschauung gegen falsche Ideologie, sozialistische Wissenschaft gegen neoliberale Lügen. Graue Mäuse gegen weiße Schwäne.
“Die Gedanken der herrschenden Klasse sind in jeder Epoche die herrschenden Gedanken”, das haben die Ideologieforscher natürlich bei Marx gelesen – freilich, wie der Franke sagt. Immer wieder machen sie eine ganze Wissenschaft daraus. Die “rote Welle” kommt mit den arbeitslosen Ausstudierten und den neuen Studenten, genau so, wie in den Beiträgen der letzten Wochen beschrieben. Manche werden Geld und Zeit finden, um noch einen neuen Aspekt des Marxismus zu erforschen, manche werden einen Platz im Feuilleton finden und die Anderen gehen nach der Schulung in die Parteien und Gewerkschaften agitieren.

So geht’s mir auch. Ich würde ja den Selbstzerstörungsmechanismus erforschen, der im Kapital eingeschrieben ist, um den Marxismus zu zerstören, aber mir ging das Geld aus. Jetzt vertraue ich darauf, dass die Marxisten nicht lesen können. “Die Individuen, welche die herrschende Klasse ausmachen, haben unter Anderm auch Bewußtsein und denken daher”, das steht daneben. Sie fragen sich deshalb natürlich oder freilich, woher die Individuen denken; ob sie daher denken, weil sie u.a. Bewusstsein haben, oder daher, weil sie die herrschende Klasse ausmachen. Und sie merken nicht, wie sie selber daher denken; wie das Wild daher läuft, bevor es überfahren wird.