Die Väter haben saure Trauben gegessen, aber den Kindern sind davon die Zähne stumpf geworden.
( Ezekiel 18 zitiert nach Dobruska in den Strassburger Thesen aus Berlin 2023. )
Ein wahrscheinlich Berliner Künstler mit dem frankistischen Pseudonym Moses Dobruska tut so als sei er Situationist aus Strassbourg und schreibt Thesen über die studentische Linke. Ich gebe meinen Senf dazu, denn noch langweiliger kann es nicht werden.
Es soll trotzdem Werbung dafür sein. Der Name Dobruschka und der Ausdruck von Wut und Verzweiflung kommen einer ehrlichen Erfahrung nahe. Die Politisierten werden es ignorieren oder in ihren Theoriegruppenapparaten auf Herz und Nieren prüfen und verwerfen. Es gehört auch dazu, dass der Autor seinen spektakulären Einmalauftritt ankündigt.
Wer weiß denn noch, was aus den Situationisten geworden ist, die 1967 Elend im Studentenmilieu schrieben? Sie brauchten keine Autorenschaft, weil ihre Thesen am Puls der Zeit lagen. Das ist bei Dobruska so ähnlich, aber er liegt am Puls der linken Szene, eines Zombies, der für jeden Herzschlag ein paar Gehirne fressen muss. Aber auch der Tot der Linken ist nichts Neues, und deshalb ist Dobruskas Versuch wahrscheinlich doch ein Impuls für eine Bewegung, die den Zustand aufhebt.
Die Bewegung hat keinen Anspruch, der über den Zustand der linken Pädagogen, Publizisten, akademisch prekären, der Funktionäre, Studenten und ihrer Kinder – wobei der Unterschied zwischen diesen Generationen so unwesentlich ist, dass sie dauernd neue Namen für ihre Generationen suchen, um so eine Unterscheidung wenigstens in der Fantasie zu erhalten. Was ist die Szene denn anderes?
Der Anspruch kann gut und gerne durch einen Hashtag oder shitstorm erfüllt werden. Vielleicht kommt er dieses Jahr noch, zwischen zwei Events, die diese politisierten Klassen ansonsten immer mal auf Trapp halten. Ich kann mir ein Potenzial vorstellen, aber nicht die Gestalt, in der dem lächerlichen, professionell gemanagten Herumpolitisieren ein Ende bereitet wird. Der Situationismus ist nicht so ein tolles Konzept oder Theorie, die es abzuschauen gilt. Es werden die Phänomene beschrieben, ohne dass sie durch die Mühlen einer Definitionsmaschine getreten wurden. Das Elend der Mütter von Rona Duwe, oder das Manifest der Kinderlosen von Verena Brunschweiger, vielleicht auch die Offenbarung der gehobenen Beamten, die Qualen der Heizungsinstallateure, irgendsoein Quatsch, von dem die Revolution ganz sicher nicht ausgehen wird, wird zuerst das Leiden so ausdrücken, dass sich daran die Wut entzündet. Vielleicht werden es auch die Drohnenpiloten oder Solar-Dachdecker, die sich noch nicht ganz als Gruppe konstitutierten, oder eine Gruppe, deren Anliegen von den Profis scheinbar befriedet sind und gemanagt werden, wie die Mieter??
Es reicht ein kleinerer Anspruch, und an dem scheitert der Berliner Situationist wahrscheinlich nur, weil er aus Berlin kommt.